Mittwoch, 19. Oktober 2011
R.I.P. Kraftwerk
Kraftwerk in 3d in der Kongresshalle, alle gehen sie hin und schreiben
die Feuilletons mit Lobeshymnen auf die futuristischen Pioniere voll.
Der Saal gefüllt mit gesetzten Besserwissern und Depeche Mode-Fans,
manche mit Anhang, über uns die Gallerie für die wichtigen Leute mit
Sektschlürftischchen. Ich darunter, angezogen von der tollen Erfahrung
in der Muffathalle 2004, setze die 3d-Brille auf und bin leider nicht
weggeblasen. Eher fühle ich mich an einen Animationsfilm in 3d
erinnert, der nur Effekthascherei betreibt. Das Wort Spektakel kommt mir in den Sinn. Das selbe
Programm wie vor Jahr und Tag, nur mit Aha. Der einzige großartige
Moment leider nur während "Computerwelt", was, so scheint mir,
mittlerweile das einzige Stück im Programm ist, das abseits von
Techno-Nostalgie noch irgendwie relevant geblieben ist. Ansonsten wird der
Status Quo dreidimensional serviert, was angesichts einer Band, die sich
immer der Zukunft verpflichtet sah, hart in den Magen fährt. Wenn denn
wenigstens der Sound in die Magengrube fahren würde, aber die Anlage in
der Kongresshalle bietet da eher gediegenes Heimkinoerlebnis. Dazu kommt
auch, dass nicht mehr Synthesizerburgen aufgefahren werden, sondern
Laptops und Software, was dazu führt, das die eh
schon in die Jahre gekommene Musik austauschbar klingt. Ob da jetzt die
vier schwarz gekleideten Herren auf der Bühne rumstehen oder irgendein
Kid Loops aus Ableton Live abfeuert, wer merkt da noch den Unterschied?
Frustriert stelle ich mir ein völlig überteuertes Bier nach dem anderen
rein und verzeichne den Tenor der mich umgebenden Gespräche: Geil, das
miterleben zu können. Was denn eigentlich? Die Entzauberung eines futuristischen Mythos? Konsensdisco für die Erlebnisgastronomie? Was soll's, Kreidler sind eh die besseren Kraftwerk.
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Auf die Ausstellung im Lenbachhaus trifft das (leider) uneingeschränkt ebenfalls zu. Man kommt sich tatsächlich vor wie in einem Museum, in dem Retrofreaks auf gänzlich unreflektierte Ausstellungsgänger treffen, die alles fressen, was ihnen im Gewand der "E-Kultur" (ja, dieser Begriff muss als Beleidigung wieder neu eingeführt werden) serviert wird.
AntwortenLöschenDas Gefühl, das man in dieser Ausstellung hat, ist ungefähr vergleichbar mit der Retro-Sehnsucht, die einen beim x-ten Schauen von "Tron" beschleicht. Zugegebenermaßen ist das ein ausgezeichneter Film. Genauso wie Kraftwerk eine immens wichtige Band sind/waren. Wenn diese aber in Germanistikseminaren und tz-Feuilletons auftaucht, ist das ein Zeichen dafür, dass man sich schon lange nach etwas Neuem unschauen hätte sollen.
PS: Schon Tron 3-D gesehen?
Rob
huch, leider erst jetzt den Kommentar entdeckt. Die Ausstellung habe ich mir aus Angst vor weiterer Traumatisierung geschenkt. Tron Legacy habe ich als Stream gesehen, was ein Scheiß. Nur ein kurzer lustiger Moment mit Daft Punk und einer Ziggy Stardust-Persiflage.
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